Bau-Turbo wirkt erst verzögert

Der Bundestag entscheidet in der kommenden Woche über den sogenannten „Bau-Turbo“, mit dem die Bundesregierung den Wohnungsbau beschleunigen will. Fachleute rechnen jedoch erst in mehreren Jahren mit messbaren Effekten auf den Wohnungsmarkt.

Ziel: Schnellere Genehmigungen und mehr Bauflächen

Das Gesetz soll es Kommunen ermöglichen, Bauprojekte schneller umzusetzen, indem sie Genehmigungsverfahren vereinfachen und von bestehenden Bebauungsplänen abweichen dürfen. Ziel ist, mehr Wohnungen durch Neubau, Nachverdichtung und Aufstockung zu schaffen.

Elisabeth Gendziorra, Geschäftsführerin des BFW-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, erklärte bei einer Veranstaltung der DZ Hyp, die Genehmigungen hinkten dem Bedarf seit Jahren hinterher. Ihrer Einschätzung nach werde sich das auch mit dem „Bau-Turbo“ nicht grundsätzlich ändern. Über die tatsächliche Bautätigkeit entschieden am Ende die Kommunen, erklärte sie. Für Unternehmen bleibe zudem die Frage, ob sich Bauprojekte unter den örtlichen Bedingungen wirtschaftlich realisieren lassen.

Hohe Kosten bremsen Projekte

Neben Genehmigungsverfahren nennen Branchenvertreter vor allem steigende Baukosten als zentrales Hindernis. Florian Tack, Head of Residential bei Colliers Deutschland, geht davon aus, dass das Angebot besonders in gefragten Städten und Ballungsräumen knapp bleibt.

Eine aktuelle Colliers-Studie zum deutschen Wohnungsmarkt bestätigt diese Einschätzung. Der „Bau-Turbo“ verbessere zwar die Rahmenbedingungen, werde aber frühestens in einigen Jahren spürbare Ergebnisse bringen, heißt es darin.

Neubauzahlen weit unter Bedarf

Laut der Untersuchung sinkt die Zahl der Fertigstellungen deutlich. Das Ifo-Institut prognostiziert für 2025 rund 200.000 neue Wohnungen. In den beiden Folgejahren sollen es zwischen 165.000 und 175.000 sein. Der jährliche Bedarf liegt nach Berechnungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bei rund 320.000 Wohnungen.

Die Lücke zwischen tatsächlichem Neubau und Bedarf wirkt sich direkt auf die Mietentwicklung aus. In den 52 untersuchten Städten stiegen die Mieten bei Neuverträgen zur Jahresmitte durchschnittlich auf 11,75 Euro pro Quadratmeter, ein Plus von fünf Prozent binnen eines Jahres. Spitzenmieten erhöhten sich um sieben Prozent auf 18,50 Euro.

Günstige Wohnungen werden seltener

Bei Erstbezügen in Neubauten liegen die Durchschnittsmieten deutlich höher. Mieter zahlen dort im Schnitt 18,30 Euro pro Quadratmeter, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Spitzenmieten erreichten 26,35 Euro pro Quadratmeter.

Das Angebot an günstigen Wohnungen nimmt laut der Studie weiter ab. Mietpreise unter zehn Euro pro Quadratmeter gingen bundesweit von 62 Prozent im Jahr 2020 auf 39 Prozent Mitte 2025 zurück. In den sieben größten Städten sank der Anteil im selben Zeitraum von 23 auf neun Prozent.

Umzugsanreize fehlen

Thorsten Lange, Senior Economist bei der DZ Bank, bezeichnete den Wohnungsmarkt als „in weiten Teilen dysfunktional“. Der Abstand zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten sei stark gewachsen. Für viele Mieter sei ein Umzug damit finanziell unattraktiv, was das Angebot an verfügbaren Wohnungen zusätzlich verknappe und Mietsteigerungen begünstige.

Erste Anzeichen einer Stabilisierung

Trotz der angespannten Lage deuten aktuelle Zahlen auf eine leichte Belebung der Bautätigkeit hin. Zwischen Januar und Juli 2025 stiegen sowohl die Zahl der Baugenehmigungen als auch der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe im Vergleich zum Vorjahr. Beide Werte liegen jedoch weiterhin auf niedrigem Niveau.

Fachleute erwarten daher, dass der „Bau-Turbo“ kurzfristig keine spürbare Entlastung bringt. Die strukturellen Engpässe auf dem Wohnungsmarkt bleiben vorerst bestehen.