Ein erheblicher Teil der Mietverhältnisse in hessischen Großstädten liegt über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Stadt Frankfurt geht davon aus, dass bei rund 30 Prozent der Mietverträge eine Überhöhung vorliegen könnte. Seit 2020 wurden dort mehr als 1.000 entsprechende Verdachtsfälle gemeldet, wie das städtische Amt für Wohnungswesen mitteilt. Seit Oktober 2023 können Hinweise auch über ein Online-Formular abgegeben werden. In Frankfurt liegt der aktuelle Mietspiegel laut offizieller Tabelle bei durchschnittlich 17,15 €/m².
Infolge der Meldungen wurden Rückzahlungen in Höhe von insgesamt 330.000 Euro geleistet. Diese gingen sowohl an betroffene Mieter als auch an den Staat. Laut Stadt erfolgten im Jahr 2024 insgesamt 20 Bußgeldbescheide wegen Mietpreisüberhöhung, verbunden mit Geldbußen in Höhe von 17.800 Euro.
Rechtslage bei Mietpreisüberhöhung und Wucher
Mietpreisüberhöhung gilt als Ordnungswidrigkeit, wenn der verlangte Mietpreis mindestens 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. In solchen Fällen kann eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro verhängt werden. Wird darüber hinaus eine Zwangslage des Mieters ausgenutzt, kann dies als strafbarer Wucher eingestuft werden. Die rechtlichen Konsequenzen reichen in diesem Fall bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.
Ein Beispiel aus Frankfurt: Dort wurde im Mai 2025 ein Vermieter verurteilt, der Mieten bis zu 122 Prozent über dem ortsüblichen Wert verlangt hatte. In weiteren 26 Fällen kam es zu einvernehmlichen Einigungen. Die Vermieter passten ihre Verträge an und zahlten insgesamt rund 50.000 Euro an zu viel erhobener Miete zurück.
Niedrige Beschwerdebereitschaft bei Mietern
Nach Einschätzung des Mieterschutzvereins Frankfurt wird das Thema von überhöhten Mieten als zentrales Thema behandelt. Gleichzeitig werde das rechtliche Vorgehen gegen überhöhte Mieten von vielen Betroffenen nicht genutzt. Geschäftsführer Rolf Janßen nennt als Gründe unter anderem die Angst vor Konflikten mit Vermietern sowie fehlende juristische Kenntnisse.
Die Stadt Frankfurt verweist auf ein dauerhaft angespanntes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Dies habe über Jahre hinweg zu einem Ungleichgewicht geführt, das die Verhandlungsmacht zwischen Mietern und Vermietern beeinflusse.
Weitere Städte in Hessen mit Maßnahmen oder Plänen
Auch andere Großstädte in Hessen sehen Handlungsbedarf. In Wiesbaden liegt der durchschnittliche Mietspiegel derzeit bei rund 13,05 €/m². Die Stadt kündigt an, den Mietmarkt weiter zu beobachten und bei Bedarf Maßnahmen zur Sicherung bezahlbaren Wohnraums zu ergreifen. Die städtische Wohnungsaufsicht ist Ansprechpartnerin für Betroffene.
In Kassel plant die Verwaltung, präventiv gegen mutmaßlich überhöhte Mietangebote auf Online-Portalen vorzugehen. Der Mietspiegel für Kassel liegt derzeit bei durchschnittlich 9,12 €/m². Ein Sprecher der Stadt bezeichnet überhöhte Mieten als besonders problematisch, da es vielen Menschen schwerfalle, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden.
In Offenbach hingegen wurde ein Antrag auf Einrichtung einer Anlaufstelle für Hinweise zu Mietpreisüberhöhungen im Februar 2025 abgelehnt. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte gegen den Vorschlag, der von der Partei Die Linke eingebracht worden war.
Eigentümerverband sieht strukturelle Ursachen
Der Geschäftsführer des Eigentümervereins Haus & Grund Hessen, Younes Frank Ehrhardt, nennt als wesentliche Ursachen für den Anstieg der Mieten das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage sowie gestiegene Energie- und Nebenkosten. Diese Faktoren machten Mietanpassungen wirtschaftlich notwendig.
Laut Ehrhardt könnten grundlegende Probleme nur durch eine Ausweitung des Wohnungsangebots und eine Senkung der Nebenkosten gelöst werden. Ein Ausbau bestehender Gebäude könne seiner Einschätzung nach bis zu 250.000 neue Wohnungen im Rhein‑Main‑Gebiet ermöglichen.