Entgegen verbreiteter Vorstellungen werden die meisten Mietwohnungen in Deutschland nicht von großen Immobilienunternehmen, sondern von privaten Kleinvermietern angeboten. Das geht aus einem aktuellen Gutachten des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Demnach stammen 64,4 Prozent der rund 25 Millionen Mietwohnungen von privaten Eigentümern, die im kleinen Umfang vermieten.
Das IW-Gutachten, an dem unter anderem der Ökonom Christian Oberst mitgewirkt hat, betont die strukturelle Bedeutung dieser Vermietergruppe. Insgesamt verantworten sie über 16 Millionen Mietobjekte. Diese liegen überwiegend in ländlichen Regionen und im Südwesten Deutschlands. Die Immobilien unterscheiden sich stark in Größe und Form, was laut Gutachten zu einer hohen Vielfalt im Wohnungsangebot beiträgt.
Heterogene Vermieterstruktur mit stabilen Mietverhältnissen
Die Gruppe der Kleinvermieter sei laut Oberst äußerst heterogen. Während viele der Eigentümer zur Mittelschicht zählen, stammt ein Teil auch aus einkommensschwächeren Haushalten. Rund fünf Prozent der Kleinvermieter gehören zum unteren Einkommenssegment. Auffällig ist zudem das hohe Durchschnittsalter: 41 Prozent sind über 65 Jahre alt. In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil von Vermietern mit Migrationshintergrund von acht auf 15 Prozent gestiegen.
Für viele private Anbieter stellt die Vermietung eine Form der Altersvorsorge dar. Ziel sei es meist, den Immobilienwert langfristig zu sichern. Der jährliche durchschnittliche Überschuss nach Abzug aller Kosten liegt laut Gutachten bei etwa 5.500 Euro pro Objekt. Ein Großteil der Kleinvermieter sei entweder durch Erbschaft oder während der Niedrigzinsphase zu Wohneigentum gekommen.
Stabile Mietverhältnisse und geringe Mietanpassungen
Laut Studie heben etwa die Hälfte der Kleinvermieter während eines laufenden Mietverhältnisses die Miete nicht an. Auch die Mietdauer fällt bei dieser Vermietergruppe tendenziell länger aus als bei professionellen Wohnungsunternehmen. Die Nähe zum Mieter – sowohl räumlich als auch persönlich – spiele hierbei eine wichtige Rolle, heißt es im Gutachten.
Die Mietwohnungen privater Anbieter befinden sich laut IW häufiger im direkten Lebensumfeld der Vermieter. Daraus resultiere ein größeres Interesse an einem stabilen und konfliktarmen Verhältnis zur Mieterschaft.
Regulierungsdruck gefährdet Angebot
Laut IW-Ökonom Oberst stehen viele Kleinvermieter jedoch unter zunehmendem Druck. Grund dafür seien steigende Baukosten, komplexe gesetzliche Vorgaben und eine unklare Förderpolitik. Seit 2017 haben sich die Baukosten in Deutschland laut Studie um rund 70 Prozent erhöht. Dies wirke sich auch auf das Mietniveau und die Investitionsbereitschaft kleiner Anbieter aus.
Besonders kritisch wird im Gutachten die geplante Einstufung von Verstößen gegen die Mietpreisbremse als Straftat nach dem Wirtschaftsstrafrecht gesehen. Eine solche Maßnahme könne nach Einschätzung von Experten dazu führen, dass sich Kleinvermieter vom Mietwohnungsmarkt zurückziehen.
Forderung nach zielgerichteter Förderung
Das IW empfiehlt daher eine stärker zielgruppenorientierte Förder- und Regulierungspolitik. Ziel müsse es sein, einerseits energiepolitische Vorgaben umzusetzen und andererseits die Angebotsstruktur mit vielen privaten Anbietern zu erhalten. Nur so könne langfristig eine stabile und vielfältige Mietlandschaft gesichert werden.
Deutschland unterscheidet sich in seiner Eigentumsstruktur deutlich von anderen europäischen Ländern: Der Anteil an Mietern ist hierzulande höher als in jedem anderen EU-Staat. Der Beitrag privater Kleinvermieter zum Wohnungsmarkt gilt laut IW daher als zentral.